Dorowin, Hermann: „Mit dem scharfen Gehör für den Fall“

Dorowin, Hermann: „Mit dem scharfen Gehör für den Fall“. Aufsätze zur österreichischen Literatur im 20. Jahrhundert. ISBN 978-3-7069-0140-6. Broschiert, 2002, 184 Seiten. €-A 24,90; €-D 24,20

 

»Mit dem scharfen Gehör für den Fall« – dieser Vers, mit dem Ingeborg Bachmanns Große Landschaft bei Wien ausklingt, steht als Motto über den hier versammelten Aufsätzen zur österreichischen Literatur des zwanzigsten Jahrhunderts. Die historischen Umbrüche, die diese Epoche gerade in Österreich mit sich brachte, sind den Werken so unterschiedlicher Autoren wie Hugo von Hofmannsthal, Karl Kraus, Alfred Polgar, Elias Canetti, Jura Soyfer, Erich Fried, Ingeborg Bachmann und Thomas Bernhard bleibend eingeschrieben. Doch während die Lebensgeschichte dieser Autor(inn)en vielfach von Ausstoßung, Verfolgung oder Exil geprägt war, faszinieren uns ihre Texte durch die Souveränität der ästhetisch-kreativen Verarbeitung solcher Erfahrungen. Dicht verwoben mit so spezifisch österreichischen Traditionen wie der auf Hofmannsthal und Wittgenstein rekurrierenden Sprachskepsis (Bachmann, Bernhard) oder der von Nestroy herkommenden grotesken Satire (Kraus, Canetti, Soyfer), erweisen sich die untersuchten Werke doch keineswegs als austriakisch-selbstverliebt oder regional beschränkt. In enger Zwiesprache mit Autoren wie Sophokles, Aristophanes, Dante, Montaigne, Shakespeare, Cervantes, Swift, Pascal, Goethe, Heine, Büchner, Gogol, Baudelaire, Mandelstam und vielen anderen entstanden, erscheinen sie heute als unverzichtbarer Teil der modernen Weltliteratur.